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pressburg:pestsaeule

Pestsäule am Fischplatz

In Bratislava gibt es 2 Pestsäulen. Die jüngere ist der Jungfrau Maria gewidmet und wurde 1723 erbaut. Sie steht vor der Kapuzinerkirche auf dem Komitashausplatz (Župné námestie). Sie wurde 10 Jahre nach dem Ende der letzten Pestepidemie in der Stadt aufgestellt. Die Inschriften sind in der lateinischen Sprache gefertigt.

Die ältere Peststäule steht auf den Resten des Fischplatzes (Rybné námestie), der im Zuge des Baus der SNP-Brücke weitestgehend zerstört wurde. Sie wurde 1713 aufgestellt und zeigt die heilige Dreifaltigkeit. Hier sind die Inschriften auf Deutsch ausgeführt und erinnern die Besucher*innen der Stadt bis heute an deren deutsche Geschichte. Der Autor der Säule und der Figuren ist unbekannt. Die Reliefs sind erst 1760 entstanden. Sie sind ein Werk des Bildhauers Preßburger Bildhauers Josef Sartory.

Detailaufnahmen, auf denen der deutsche Schriftzug bis heute lesbar ist:

pressburg:pestsaeule-1_juraj-gigac.jpg pressburg:pestsaeule-2_juraj-gigac.jpg

Auszüge aus historischen Presseveröffentlichungen

1898 sind in Wien einzelne Fälle der Pesterkrankungen entdeckt worden. In diesem Zusammenhang veröffentlichte die Preßburger Zeitung vom 18.12.1898 eine 4,5-seitige Abhandlung von Dr. St. Vámossy über die letzte Pestepidemie in der Stadt (difmoe.eu): Durch die jüngst in Wien beobachteten Pesterkrankungen ist das Gespenst des „schwarzen Todes“ wieder, wenn auch nur für kurze Zeit aufgetaucht. Diese Geißel früherer Jahrhunderte, der heutigen Generation nur vom Hörensagen her bekannt, wüthete zuletzt 1713 in Preßburg und es dürfte nicht uninteressant sein, welche prophylactischen und anderweitigen Maßregeln die Behörden trafen, um den furchtbaren Feind, die Pestilenz, wie man die böse Seuche nannte, von den Thoren der Stadt festzuhalten, beziehungsweise zu bekämpfen. (…) In der außerordentlichen Rathssitzung am 2. Januar 1710 beschäftigt sich der Magistrat eingehend mit der Pestgefahr und bestellt eine eigene Sanitätscommission. (…) Das Donau-, Spital- und Schöndorferthor in den Vorstädten wurden geschlossen und nur das einzige Dürrmauththor offen gelassen, welches Jedermann, der vom Lande in die Stadt kam, passiren mußte. (…) Reisende aus den Comataten Preßburg, Wieselburg und Oedenburg ohne weiteres passiren zu lassen, die aus Ortschaften jenseits der Flüße Waag und Raab, also aus verseuchten Gegenden kamen, sich zu überzeugen, ob der Reisende die vorgeschriebene 40-tögige Quarantain überstanden habe. (…) Ueber Alles, was bei den Thoren vorging, waren Protocolle zu führen und tägliche Rapporte abzugeben. (…) Es läßt sich denken, daß die schon monatelang dauernde Absperrung der Stadt nicht ohne großen materiellen Schaden für die Einwohner sein konnte. Gewiß hat jeder Stand darunter schwer gelitten, es mochten auch Besserwisser die betroffenen Vorsichtsmaßregeln für überflüßig halten. So geschah es, daß Stimmen der Unlust und Unzufriedenheit laut wurden. (…)

Weiter liest man: Pestfrei blieb die Stadt auch im weiteren Verlaufe des Jahres 1711. Auch das Jahr 1712 fing unter günstigen Auspicien an. Josef I. starb am 17. April 1711 an Blattern in Wien. Sein Nachfolger, Kaiser Karl IV. - als König von Ungarn III. - hat für den 2. Februar 1712 den Reichstag nach Preßburg einberufen und traf am 18. Mai zur Krönung persönlich ein. (…) Während noch am 10. November beruhigend officiell erklärt wurde, Preßburg sei seuchenfrei, war am am 12. November schon genöthigt zur bedauerlichen Kenntniß zu nehmen, daß in der evang. Schule der Piscator und sein Weib nach kurzer Krankheit unter verdächtigen Umständen gestorben sind. (…) Weitere Pesterkrankungen folgten und man würde glauben, daß sich die städtischen Behörden der Logik der Thatsachen gebeugt haben. Im Gegentheil, sowohl Magistrat, wie auch das Consilium sanitatis waren mit den Constatirungen von Dr. Benza nicht einverstanden; das Gassiren einer Pestseuche wurde rundweg geleugnet. Deshalb ist pro eruenda veritate der kaiserliche Medicus Gundaker Promvaldus de Nicolette von Wien nach Preßburg entsendet worden.

Im Text wird weiter berichtet: So lange die Pest nur sporadisch ihre Opfer forderte, diente der sogenannte Böhmische Garten als Beerdigungsort. Als die Seuche größere Dimensionen annahm und das Pestlazareth activirt war, wurde der in Größling gelegene Acker des bürgerlichen Lederers Matthia Piller zum Lazareth-Friedhofe erworben. (…) Im Juli 1713 erlagen schon Hunderte der Seuche.

Und auch die Pestsäule wird erwähnt: Um Gott zu versöhnen und ein Denkmal als Erinnerung an die bösen Zeiten zu setzen, werden am 4. September 1713 zur Errichtung einer Dreifaltigkeitssäule vor dem Wödritzer Thor öffentliche Sammlungen eingeleitet. Der Herzog von Sachsen stellte sich mit einem Betrag von 400 fl. an die Spitze der Spendenden. Die Säule steht am Fischplatze heute noch, sie stellt die heilige Dreifaltigkeit dar, umgeben von den Standbildern der heiligen Muttergottes und des heil. Johannes, Rochus, Sebastian und Carolus Boromäus, und trägt die Inschrift: Cardinal von Sachsen hat sie mit Gutthätern zur Pestzeit errichtet A 1713 und der Beitrag der Gutthäter hat sie renovirt Ao 1799, 1816, 1832, 1858, 1886.

Am Ende des Artikels geht es um Zahlen: Wir wollen mit statistischen Tabellen nicht ermüden und erwähnen nur kurz, daß während der Epidemie in dem Zeitraume vom 22. November 1712 bis zum 22. Januar 1714 in Preßburg insgesamt 3919 Personen gestorben sind; hievon entfallen auf die Pest 2769 Personen (2285 starben in ihren Wohnungen, 484 im Lazareth).

pressburg/pestsaeule.txt · Zuletzt geändert: 2025/02/20 08:28 von pressburgprojekt